Auf die Plätze!

Die Exerzitien suchen nach kreativen Möglichkeiten, den Alten Garten neu zu beleben. Nina Gühlstorff, Hausregisseurin für Öffnungsprojekte, blickt zurück auf die letzte Platzbeobachtung am 12. März, bei dem Besucher:innen aus der Stadtgesellschaft zahlreiche eigene Ideen zusammengetragen haben.

Besucher:innen begegnen sich auf dem Alten Garten vor dem Theater und dem Museum.
Staatstheater und Museum luden am 12. März bei Kaffee und Tee auf den Alten Garten ein

„Biergarten“ steht auf einer Karte ganz lapidar. Andere sind voller Zeichnungen mit einer detaillierten Choreographie von Bänken. Jemand schreibt: „Ich wünsche mir eine Hüpfburg, die wie das Theater aussieht und eine wie das Schloss.“

 

Am 12. März haben wir bei herrlichem Wetter Kaffee und Tee ausgeschenkt, mitten auf dem Alten Garten. „Wir“ sind in dem Fall das Mecklenburgische Staatstheater und das Staatliche Museum. Wenn man von den Portalen der beiden Häuser jeweils zwei Linien zieht, dann ergibt sich auf dem Alten Garten eine Raute, sie symbolisiert die Schnittmenge unserer Nachbarschaft, die Schnittmenge gemeinsamer Bedürfnisse. In dieser Raute standen ein paar Möbel und wir haben die Passanten gebeten uns ihre Ideen für den Platz mitzugeben, gesprochen, geschrieben oder gezeichnet. Denn wir möchten nicht nur Leben in unseren Häusern, wir möchten auch Lebendigkeit vor unserer Tür. Den Kaffee und den Tee hatte die Akzeptierbar der Straßensozialarbeit dabei. Die sind zwar nicht unsere Nachbarn, aber wir haben gemeinsame Anliegen: wir möchten, dass der öffentliche Raum dazu einlädt, ihn vielfältig zu nutzen.

 

Dieses Bedürfnis scheinen viele Schweriner*innen zu teilen. Über 50 Karten mit Ideen haben wir eingesammelt, wir haben 20 Liter Kaffee und 10 Liter Tee ausgeschenkt, unzählige Gespräche geführt. Große Einigkeit herrschte darüber, dass es schön wäre, wenn es auf dem Alten Garten Wasserspiele gäbe. Die würden den Autolärm übertönen und die Kinder erfreuen. Außerdem kamen immer wieder Urban Gardening oder Bürgerbeete ins Spiel: Mehr Grün ist gewünscht, aber der Platz sollte nicht bebaut werden, sondern schonend angeeignet werden. Den jetzigen Zustand fand nur eine einzige Schreiberin erhaltenswert: „Mut zur freien Fläche!“ hat sie uns mitgegeben.

Die Realität ist zur Zeit leider, dass der Alte Garten immer öfter auch als Parkplatz genutzt wird und im Sommer staubig und heiß wird. Bisher war der Alte Garten im Sommer von der Bühne des Theaters verbaut, jetzt entsteht da eine Freifläche, daher ist das Nachdenken über die Möglichkeiten wieder aktuell. Das Museum hat mit vielen Künstler:innen bereits Interventionen vorgedacht, die Bekannteste ist vielleicht die von 2005 von Veit Stratmann. Er setzte Bänke auf Rollen mit variablen Sitzschalen auf den Platz. Plötzlich lädt der Platz zum Verweilen ein, dort in der Mitte sitzt es sich nämlich sehr gut. Man hat einen wunderschönen Blick auf das Residenz-Ensemble und Veit Stratmann hat nebenbei bewiesen, dass sanfte Belebung und Denkmalschutz sich überhaupt nicht ausschließen. Unser Ruf ist also: „Mut zur Veränderung!“

 

Was wird jetzt aus diesen Ideen?

 

Wir werden die Stadtvertreter:innen erneut bitten, sich auf dem schönsten Platz Schwerins zu engagieren. Ein Anfang könnte ein Foodtruck und ein paar Stühle sein. Ein Anfang könnte ein Sonnensegel sein und ein Infostand zum Weltwerbe, ein Anfang könnte ein Trinkbrunnen sein.

 

Die Idee, eine Skaterbahn auf dem Alten Garten zu installieren, hat Illustratorin Karen Obenauf gleich farbig ins Bild gesetzt.
Besucher:innen der Veranstaltung steuerten jede Menge Vorschläge für eine Umgestaltung des Alten Gartens bei. Zeichnerin Karen Obenauf ließ einige Vorschläge - zumindest auf dem Papier - gleich Wirklichkeit werden.
Eine weitere Zeichnung von Karen Obenauf zeigt ein Zirkuszelt auf dem Alten Garten.
Ein Zirkuszelt auf dem Alten Garten? Bei den nächsten „Exerzitien“ werden Darsteller:innen und Musiker:innen den Platz beleben. Zeichnungen und Fotos: © Karen Obenauf

Ich blättere noch einmal durch die Karten mit den Vorschlägen: Eine Person wünscht sich den Brunnen „Seenotrettung“ vom Bahnhofsvorplatz mitten auf den Alten Garten, aber statt Wasser kommt aus seinen Fontänen Schokolade und darum wird um den Brunnen natürlich ein Erdbeerfeld gepflanzt. Ein Anderer: Im Sommer werden ein mobiler Kiosk und Liegestühle aufgestellt, im Winter eine Eisbahn, in deren Mitte es heißen Tee gibt.

 

Aus diesem Geträumten und Konkreten haben wir uns für die Exerzitien #3 inspirieren lassen.

 

Mit den Sänger:innen Gala El Hadidi und Martin Gerke des Musiktheaters und der Schauspielerin Heide Kalisch loten wir performativ aus, was der Platz noch alles kann. Und in unserem Script steht, dass sogar die Spielleute Schwerin, der örtliche Spielmannszug, vorbeikommen. 30. April, 17:00 Uhr, Alter Garten. Der Platz lebt!

 

Und ich bin mir ganz sicher, auch wenn es schon viel zu lange dauert und auch wenn es kaum zu glauben ist, dass diese Sandwüste von irgendwem verteidigt wird: Die Stadt wird sich den Alten Garten erobern und wir werden dort alle zusammen tanzen! Vielleicht ist für die Sandflächenliebhaber ein Stadtstrand ein Kompromiss?

 

Nina Gühlstorff

 

 

Die Exerzitien sind eine Veranstaltungsreihe von Nina Gühlstorff innerhalb des Späti Deluxe des Mecklenburgischen Staatstheaters. Alle Termine der kommenden Späti-Veranstaltungen finden Sie hier.

 

Veröffentlicht im April 2022

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